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Es gibt Geschichten, die sind abenteuerlich. Meist handeln sie von “Lost in Kundenservice” bei Firmen wie der Telekom oder Vodafone. All die Leidgeplagten da draußen kann ich aber beruhigen: es geht noch härter. Man braucht nur einen Server bei 1&1, schon kehrt echte Spannung und Abenteuer in den Büroalltag ein. Man glaubt, 1&1 würde nur von Schildbürgern betrieben. Heute: wie ich plötzlich als Absendername in anderer Leute E-Mail-Accounts auftauchte. Und 1&1 das auch noch gut fand.

Die Geschichte nahm ihren Lauf, als wir vor einigen Jahren einen Kunden samt 1&1-Server von der Vorgängeragentur übernahmen. Der Serververtrag war nicht irgendein Vertrag – nein, wir haben es hier mit einer kleinen Diva unter den 1&1-Verträgen zu tun, nämlich einem Altvertrag aus Zeiten, in denen Schlund+Partner noch eine rühmliche 1&1-Tochter für anspruchsvolles Hosting war. Diese Sonderrolle haben wir noch heute, allerdings vor allem deshalb, weil in diesem Vertrag ganz viele Dinge nicht funktionieren. Lapidare Standard-Antwort von den D’Avis-Bots: “Ach sooo, naja, das kann ja nicht gehen, das ist ja ein alter Schlund+Partner-Vertrag”. Okay, das verstehe ich. Nicht.

Nun erlebte ich allerdings eine neue Episode, die vermutlich nicht nur stolzen Ex-Schlund+Partner-Vertragsinhabern passieren kann, sondern allen 1&1-Kunden: unser Kunde, für den wir den Server mieten, betreibt ca. 500 E-Mail-Postfächer in jenem tragikomischen 1&1 Server-Account. Soweit, so gut. Heute beklagte allerdings einer dieser Postfach-Inhaber (Nennen wir ihn mal Peter Blindtext) sehr verwundert, er hätte sich die 1&1-Mail-App auf seinem iPhone installiert, um damit sein Postfach zu verwalten. Eine tolle Sache, bis er die erste Mail verschickte. Die wurde nämlich nicht etwa in seinem Namen rausgeschickt, sondern in meinem (!). Das sieht dann so aus: “Alexander Creutzburg <peter.blindtext@example.com>”. Wohl gemerkt: der arme Mann heißt definitiv nicht so wie ich.

Ich wusste sofort, was mir bevorstand: ein nervenaufreibender Anrufmarathon mit der 1&1-Hotline. Mein Blutdruck stieg, als der Mann am anderen Ende den Hörer abhob. Immerhin hatte ich eine klare Fehlerbeschreibung. Der 1&1-Mann meinte, das müsste er mal kurz mit der Fachabteilung besprechen. Einige Minuten Warteschleifengedudel später hob er mit staatstragender Stimme an, er hätte jetzt eine Antwort für mich: “Dieses Verhalten ist gewollt”. Ich fiel vom Stuhl – und fragte mich wieder einmal, ob ich eventuell gerade in irgendeiner Radio-Verarschungs-Sendung gelandet bin. Aber die meinen das tatsächlich ernst. Meine Frage, ob man mir hier gerade einen Bug als Feature verkaufen wolle, verneinte der Herr. Das sei tatsächlich die Antwort aus “der Fachabteilung”.

Es ist also tatsächlich so, dass jeder Postfachinhaber, der sich die 1&1-Mail-App installiert, zunächst unter dem Namen des Vertragsinhabers des zugehörigen Hostingvertrags seine Mails verschickt. Das merkt er natürlich erst dann, nachdem die Mail raus ist. Im Zweifel schreiben hier gerade 500 Leute unter dem Namen “Alexander Creutzburg”. Wohl gemerkt: richtet man bei 1&1 ein Postfach ein, so kann man gleich Vorname und Nachname angeben. Diese Daten werden aber aus unerfindlichen Gründen von der App nicht genutzt. Dieses Verhalten ist so absurd, dass man sich fragt, wie solch eine App überhaupt online gehen kann.

Meine Hoffnung auf schnelle Fehlerbehebung wurde sogleich zunichte gemacht, nachdem ich diesen zwei Jahre alten Thread im Internet fand – da ist Hoffnung auf Besserung wohl eher unbegründet.

Hinter vorgehaltener Hand bestätigte mir der 1&1-Support-Mensch, dass er auch nicht verstehen könne, was das soll. Sein Teamleiter sei jetzt aber schon im Feierabend, da könne er also jetzt auch nix machen. Die empfohlene Beschwerdemail werde ich jetzt mal schreiben – dass sich deshalb irgendein 1&1-Programmierer aufmacht, diesen Fehler zu beheben, schließe ich aber aus.

Wieder einmal freue ich mich, dass wir außer diesem einen Vertrag nix mit 1&1 zu tun haben. Und auch dieser Vertrag wird zum Jahresende gekündigt. Den Kunden ziehen wir um zum weltbesten Hoster DomainFactory. Adios Schilda.